Wir alle werden älter. Das lässt sich bisher nicht verhindern. Aber müssen wir dabei Jahre zählen? Was soll das?
Ich halte nichts von Geburtstagen. Immer das Gleiche. Ein Jahr meiner kostbaren Lebenszeit ist vergangen und ich werde daran erinnert. Eine Zahl wird immer größer. Bedeutet, das Ende des Lebens rückt näher. Ich möchte das nicht!
Natürlich werde auch ich älter. Aber warum brauche ich dafür eine Zahl? Gerne würde ich meinen Geburtstag vergessen. Und ich glaube ich hätte ihn auch längst vergessen, wenn er nicht immer wieder von außen an mich herangetragen würde. Durch andere Leute, die meinen gratulieren zu müssen (wozu eigentlich?). Oder durch Dokumente auf denen Jahreszahlen festgehalten sind. Ausweise. Verträge.
Im Großen und Ganzen mag ich generell alle ständig wiederkehrenden, gleichförmigen Zyklen nicht. Immer das Gleiche. Tage, Wochen, Monate, Jahre. Weihnachten, Karneval, Ostern, Sommer, Herbst, Winter. Und wieder von vorne.
Kürzlich habe ich ein gutes Zitat gelesen:
Die meisten Menschen leben nicht 80 Jahre, sondern ein Jahr 80 mal.
Ich möchte das nicht! Das klingt wie die Hölle auf Erden. Gemacht vom Teufel. Ich glaube deshalb heißt es auch Teufelskreis. Ich möchte das Leben mit Leben füllen, nicht mit Daten und wiederkehrenden Zyklen.
Das alles klingt für mich nach Gefangenschaft im Leben. Man freut sich montags auf freitags und zum Ende des Urlaubs bereits auf den nächsten. In der Zwischenzeit heißt es durchhalten. Und dann kommt bestimmt wieder ein Geburtstag.
Mir scheint auch, dass insbesondere die Leute, in deren Leben nicht wahnsinnig viel aufregendes passiert, jeden Geburtstag extrem hochstilisieren. Als wäre es etwas besonderes. Und dann wird jede Woche irgendein Geburtstag gefeiert. Im Zweifel der vom Wellensittich. Es tut mir leid, aber dem kann ich nichts abgewinnen. Ein Geburtstag per se ist kein besonderes Ereignis. Mal von dem ursprünglichen Datum abgesehen. Der tatsächliche Tag der Geburt. Der liegt aber in meinem Fall schon das ein oder andere Jahrzehnt zurück. Hat in meinem heutigen Leben keine Bedeutung. Und da meine persönliche Erinnerung an diesen Tag auch äußerst dünn ist, hat er vermutlich im Leben meiner Mutter eine viel größere Bedeutung als in meinem.
Bezüglich meiner Ablehnung von Geburtstagen würde ich für Kinder eine Ausnahme machen. Hier passiert jedes Jahr so viel. Da ist jeder Geburtstag ein Meilenstein. Die Einschulung rückt näher. Weihnachten wird wochenlang herbeigesehnt. Und irgendwann geht es mit großen Schritten auf die Volljährigkeit zu. Hier sehe ich auch tatsächlich Bedeutung. Auch ich wollte unbedingt volljährig werden, den Führerschein machen, frei sein, tun und lassen können, was ich möchte. Nicht mehr von meinen Eltern bevormundet werden können. Insofern ist der 18. Geburtstag der letzte Meilenstein, der sich zu zählen lohnt. Mit Anfang zwanzig jedoch hat Graf Zahl seine Berechtigung verloren.
Mein Aufruf:
Hört auf Jahre zu zählen. Füllt euer Leben mit tollen Ereignissen, wertvollen Menschen und haltet euch nicht an Zahlen fest. Durchbrecht Teufelskreise. Macht Dinge mal anders. Nicht ein Tag genau wie der andere bis zum Tod. Weihnachten in Südafrika, Karneval in Rio. Frühstück im Bett und Sex auf dem Küchentisch.
An Freunde, Bekannte und Verwandte:
Löscht meinen Geburtstag aus eurem Kalender. Vergesst ihn. Meldet euch an genau diesem einen Tag nicht bei mir.
Stattdessen:
Tragt euch gerne eine Erinnerung an einem x‑beliebigen Tag ein… “Dan anrufen”… oder “Dan eine Nachricht schreiben”… oder “Dan fragen ob er Lust hat wandern zu gehen”… oder “Dan eine Reise vorschlagen”… oder “Dan ins Theater einladen”… oder “Dan zu einer Partynacht auffordern”… oder was auch immer ihr gerne mit mir unternehmen möchtet! 364 Tage für kreative Vorschläge. Ich warte! 😘